Brief 6

Wir sind ein gutes Team!

Ich weiß, wir können uns aufeinander verlassen, wir verstehen uns und ziehen an einem Strang. Wir halten als Paar zusammen und finden es klasse, unser Leben miteinander zu teilen und zu gestalten. Das ist super!

Und dennoch gibt es Momente in unserem Zusammenleben, in denen wir ins Stolpern geraten, Situationen, in denen wir es nicht leicht miteinander haben. Situationen, in denen etwas ungeklärt oder unausgesprochen ist, weil etwas immer wieder im Kopf herumkreist. Ungeklärte Streitigkeiten. Immer gleiche Verhaltensmuster, die eine:n zur Weißglut bringen und in denen alles Reden scheinbar überflüssig ist. Ein handfester Konflikt, bei dem niemand von der eigenen Position abweicht oder über den eigenen Schatten springen kann. Das, und vieles andere, macht uns das Leben schwer, beschäftigt oder verletzt uns, vermiest den Alltag oder lässt uns stumm werden.

Warum ist zwischen dem einen – dem Verharren - und dem anderen – dem Verständigen – oft nur wenig, das den Ausschlag gibt, einen kleinen Schritt aufeinander zuzugehen? Ein kleines Aufeinanderzugehen? Warum gelingt uns diese Versöhnung am einen Tag leicht und hervorragend und an anderen einfach gar nicht? Wo ist da der Unterschied?

Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass es mir leichter fällt, einen Schritt auf meinen Partner zuzugehen, wenn wir die Zeit haben, miteinander ins Gespräch zu kommen. Ein anderes Mal gelingt es, wenn eine:r ehrliches Interesse an der Meinung der oder des anderen hat und deshalb mehr Wert aufs Verstehen legt als aufs um Biegen und Brechen Recht haben wollen. Und so mancher Streit relativiert sich durchs Aufeinanderzugehen und dann kann ich großzügig über einen Disput hinweggehen. Ganz leicht.

Nur: wie können wir es als Paar miteinander schaffen, dass uns noch öfter Versöhnung gelingt? Ich glaube, es ist wichtig, mit welcher Haltung wir uns gegenübertreten. Eine, die weiterhelfen kann ist sicher diese:

Versöhnungshaltung

Weil du mir wichtig bist, will ich hinhören und hinschauen, wo die Verletzung ist, die ich dir zugefügt habe. Ich will mir Zeit nehmen, um mit dir ins Gespräch zu kommen. Dabei wird mir immer wieder bewusst, dass ich selbst die Verantwortung für meine Gefühle und Bedürfnisse habe und sie auch übernehmen muss. Denn niemand anderer ist dafür verantwortlich – außer mir selbst. Mein:e Partner:in kann einen Teil dazu beitragen, dass meine Gefühle und Bedürfnisse erfüllt werden, aber dazu muss ich sie konkret benennen.

Versöhnung kann ein langer Weg sein. Es gibt Zeiten, da geht Versöhnen nicht sofort, es braucht Zeit. Und hier ist wichtig, sie sich gegenseitig zu geben: jede:r hat seine oder ihre eigene Zeit. Erst dann, wenn jede:r die Entscheidung getroffen hat, sich zu versöhnen, ist der nächste Schritt möglich. Der Schritt aufeinander zu.

Dabei muss es nicht immer eine große Versöhnungsgeste sein. Aber der feste Vorsatz, einen Tag mit einem positiven Signal zu beenden, kann wahre Wunder wirken: Mir kommt ein Wort von Papst Franziskus in den Sinn: „Es genügt eine zärtliche Geste! Ohne Worte.“ (Papst Franziskus Amoris laetita 104) Da müssen Versöhnung und Entschuldigung nicht einmal mit vielen Worten passieren (das können sie natürlich!), denn das ist vielleicht ein bisschen viel verlangt. Manchmal genügen ein Liebkosen, ein liebevolles Streicheln oder ein freundlicher Satz als Anfang. Und ich kann die Erleichterung zwischen uns spüren!

Ich habe schon von Paaren den Rat gehört, abends nicht im Streit ins Bett zu gehen, sondern zu versuchen, diesen zu klären. Vielleicht klingt das für euch schwierig. Denn dieser Rat, den Tag in Frieden zu beschließen, kann auch ganz schön Druck machen. Mir hingegen gibt er Luft zum Atmen, denn für mich bedeutet das auch, dass wir miteinander vereinbaren können, für einen Moment Pause zu machen und morgen weiterzureden. In Ruhe, mit Abstand, vielleicht auch mit dem Mehr an Verstehen.

Und so ermuntere ich Euch: Seid es euch wert!

Denn das Schöne ist: Versöhnen erleichtert!

Kerstin Steffe

Worte - Bilder

Impuls

  • Mir fällt ein Stein vom Herzen!
    Sucht euch flache große Kieselsteine. Falls ihr Acrylstifte habt, nehmt sie zu Hand, denn damit lassen sich Steine besonders gut beschriften/bemalen. Es gehen aber auch Holzfarbstifte oder Kugelschreiber. Beschreibt auf der einen Seite des Steins, was euer Zusammenleben miteinander erschwert, was auf euch lastet. Wenn möglich, kommt hierzu ins Gespräch. Ihr müsst noch keine Lösung finden. Manchmal hilft es auch schon, Dinge, die belasten, zu benennen, um sie dann zu einem anderen Zeitpunkt weiter zu bearbeiten. Dreht den Stein um und überlegt euch, ob es ein Versöhnungszeichen für euch gibt. Etwas, das euch ermutigt, am Schweren weiterzumachen, das euch stärkt und das Leben hoffnungsvoll macht. Dieses Symbol zeichnet ihr auf die zweite Seite. So habt ihr einen Versöhnungsstein, bei dem die Hoffnung/Zuversicht auch im Schwierigen dabei sind.
  • Überlegt euch Versöhnungsrituale, die ihr dann miteinander begeht, wenn euch Versöhnung gelungen ist. Das kann sein, gemeinsam ein Lied anzuhören und dazu zu tanzen, gemeinsam eine Runde spazieren zu gehen, miteinander zu kochen, ein Liebesgedicht zu schreiben. Ihr habt sicher eigene Ideen.
  • Sucht verschiedene Dinge, die für euch Erleichterung darstellen! Das können Federn, Luftballons, Seifenblasen, Pflaster... sein – und erzählt euch zu jedem Symbol, welche Erleichterung ihr damit verbindet!

Erst später zur Aktion dazu gestoßen? Hier sind die bisherigen Briefe: Brief 1 | Brief 2 | Brief 3 | Brief 4 | Brief 5 |

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